Samstag, 26. Januar 2013

Lesetagebuch: 50 Shades Of Grey II/III (Ende)

Geschafft. Die letzten 100 oder 150 Seiten vom dritten Band hätte es nicht mehr gebraucht. Im Wesentlichen: Sie streiten sich und sie schlafen miteinander. Dazwischen kommen die Thrillereinsprengsel , die eher standardkonform sind (und natürlich einen superreichen, gutaussehenden Deus ex machina haben). Und die Jugendgeschichte des Herrn Grey.

Fazit: Der erste Band verstört, der zweite unterhält, der dritte ... zieht sich. Wie man am Datum sieht, habe ich dafür auch deutlich länger gebraucht, weil mich auch nichts zum Lesen gezogen hat außer dem Vorsatz, das Ganze jetzt zu einem Ende zu bringen. Was hiermit geschehen ist.
Um die Frage zu beantworten, warum um alles in der Welt ich mit dieser, äh, schlichten Unterhaltungslektüre ein Lesetagebuch eröffne - der erste Band hat mich provoziert und Fragen aufgeworfen, von denen ich nicht erwartet hatte, dass sie mich in diesem Maße beschäftigen würden. Auch auf der Metaebene.

Samstag, 19. Januar 2013

Lesetagebuch: 50 Shades Of Grey II

Am Ende des zweiten Buchs scheinen einige Erzählstränge schon aufgeräumt: Jack shall have Jill. Eigentlich war das ja schon am Anfang des zweiten Bands klar. Ana und Christian haben gemeinsam die großen Züge ihrer Beziehung abgesteckt, aus einem "ich will" entwickelt sich ein "ich will für dich", und was so skandalös war am ersten Band oder vielmehr als skandalös hochgekocht wurde, nämlich die völlig überraschende Idee, dass ein Paar auch mal andere Spielarten beim Sex ausprobiert, ist gar nicht mehr so wichtig. Das liegt aber, zumindest für mich, auch daran, dass Spielereien wie Augenverbinden, Fesseln und dergleichen mehr überhaupt nichts Empörendes an sich haben - im Gegensatz zu einer vertraglich fixierten Totalunterwerfung. Andererseits bin ich mir bewusst, dass das erstmal nur mein Standpunkt ist und obendrein nur der, den ich aus heutiger Sicht einnehme. Das Leben ist Veränderung. Ich kann mir zwar im Moment nicht vorstellen, eine solche Beziehung einzugehen (auf welcher Seite auch immer), aber wenn es sie glücklich macht und mich, wer weiß.
Band III dürfte, nachdem die wesentlichen Probleme innerhalb der Beziehung geklärt sein, ein Klassiker werden: Die Verteidigung der Beziehung gegen Angriffe von außen. Als Trilogie: Aschenputtel - Bianca-Roman - Romeo & Julia. Als ich anfing, den ersten Band zu lesen, schienen die weiteren Titel abzustecken, wo die Sache hinliefe: Im ersten Band unterwirft sie sich, im zweiten quält sie sich mit der Unterwerfung herum, im dritten befreit sie sich und/oder dreht den Spieß um. Ein schönes Spiel mit den Titeln. Nun sieht es anders aus.

Montag, 14. Januar 2013

Lesetagebuch: 50 Shades Of Grey II

Kapitel 12. Der Roman hat sein Thema gefunden: Wie finden zwei sehr unterschiedliche Menschen, die nur durch ihre Liebe verbunden sind, zu einem gemeinsamen Leben? Sie gehen Schritt für Schritt aufeinander zu, schließen Kompromisse, lassen einander Freiräume, lernen mit Eifersucht und Besitzwillen umzugehen...
Wobei an diesem Punkt der Handlung im wesentlichen nur eine Seite Zugeständnisse macht.

In den Schatten steht ja ohnehin schon eine ganze Weile die Frage, wann sich das Machtverhältnis vollends umdreht und er der Unterworfene wird. Wahrscheinlich erst im dritten Band. Und dann folgt die interessante Frage, wie es danach weitergeht. Was auch immer sich dann ergibt, es wird zweifelsohne weiterhin mit dem reinlichsten Sex aller Zeiten garniert sein. Da erstaunt es nicht, wenn die deutsche Übersetzung ein so hölzern-klinisches Wort wie "postkoital" benutzt, um eine zerwühlte Frisur zu beschreiben.

Jetzt, wo sich das wichtige Geschehen von der, um es so zu nennen, genitalen auf die emotionale Ebene verlegt, atmet der Roman ruhiger, gelassener, gleichmäßiger, und wird dadurch viel angenehmer zu lesen.

Freitag, 11. Januar 2013

Lesetagebuch: 50 Shades Of Grey II

--> Ja, ich bin schwach geworden. Darf man das als Mann eigentlich in diesem Zusammenhang zugeben? Also, ich lese gerade den zweiten Band und habe das Ende von Kapitel 8 erreicht.
Den zweiten Band finde ich deutlich besser und reizvoller als den ersten, was mir daran zu liegen scheint, dass sich der Konflikt verlagert. Es geht nicht mehr - oder wenigstens: nicht mehr vor allen Dingen - um die Frage fast unbedingter Unterwerfung und totaler Dominanz. Ich habe mich damit unwohl gefühlt, weil mich das Thema sehr persönlich beschäftigt hat und immer noch beschäftigt. Seit ich begonnen habe, den ersten Band zu lesen, treibt mich die Frage um, wie ich reagieren würde, wenn jemand aus meinem Freundeskreis mir erzählen würde, du, ich gehe da voll drauf ab, wenn ich beim Sex gefesselt und in jeder Richtung beherrscht werden.
Viel elementarer ist das andere Thema, das mich beschäftigt und das auch hier aufgegriffen wird: Wie finde ich heraus, ob es Liebe ist – was *ich* fühle? Ich empfinde fast schmerzhaften Neid auf diejenigen Freunde und Freundinnen, die scheinbar so einfach jemand kennenlernen, plötzlich verliebt und zusammen sind. Warum fällt es ihnen so leicht? Warum ist es für mich so schwierig, so undurchschaubar? Ist Liebe eine Sprache, die man als Teenager gelernt haben muss, um sie zu „sprechen“ - eine, die ich manchmal glaube, nie sprechen zu lernen. Zweimal in meinem Leben habe ich eine Frau kennengelernt, bei der ich auf einmal gefühlt habe: Ich brauche dich in meinem Leben, ich habe dich so sehr lieb – vor dem Einschlafen bist du mein letzter Gedanke, und dein Name, dein Gesicht ist das erste, was mir morgens zu Bewusstsein kommt, der Gedanke, dass du jemand anderen lieber mögen könntest, dass du jemand anderen lieber küssen möchtest oder mit ihm schlafen möchtest, tut mir so weh, dass ich mich elend fühle, dass ich mich in einem stillen Winkel zusammenkrümmen möchte und verschwinden, weil sich in mir alles zusammenkrampft.






Ana versucht Christian beizubringen, wie sie ihn liebt, ihm die Sprache der Liebe beizubringen. Am Ende des ersten Buches war sie an dem zutiefst verzweifelten Punkt, dass sie den von sich stoßen muss, was sie am meisten liebt, an der masochistischen Frage, welcher Selbstquälerei man sich ausliefern soll: In eine Beziehung zu gehen, die unerträglich ist, oder den unerträglichen Schmerz auf sich zu nehmen, den geliebten Menschen aufzugeben. Eingangs des zweiten Buchs kommen die beiden wieder zusammen, ihre Begegnung ist geprägt von der schmerzlichen Anziehung-Abstoßung, die Catull auf den Punkt gebracht hat: „Ich hasse und ich liebe. Warum es mir so geht, könntest du fragen. Ich weiß es nicht – aber ich fühle es geschehen und fühle mich wie ans Kreuz geschlagen.“
Ihr Weg verläuft vom kategorischen „entweder – oder“ zum Leitmotiv des zweiten Bandes: Kompromiss. Im Laufe zumindest der ersten Kapitel nähert sich ihre Beziehung einer nahezu normalen Liebesbeziehung an, beide stecken Grenzen ab, unternehmen Dinge gemeinsam, necken sich, (ver)ärgern einander, lieben (sie) und ficken (er), und kommen einander auch unter dem Druck einer äußeren Bedrohung näher.
Wird er irgendwann explodieren, weil seine Bedürfnisse und Fantasien unterdrückt werden? Oder wird die märchenhafte Umerziehung des Christian Grey gelingen? (Ist das nicht ein echter Frauentraum: Den Traummann noch einmal umzumodeln, weil perfekt nicht reicht?)
Und was würde ich machen, wenn die Frau, die mir nicht aus dem Herzen will, mir gestünde, dass sie mich begehrt – aber nur a la Red Room Of Pain?

Sonntag, 6. Januar 2013

Lesetagebuch: 50 Shades Of Grey

Das war dann der erste Band. Am Ende mit dem einen Moment, der wirklich gut beobachtet ist: dem Ausbruch, dem Moment, in dem die Polung ihres Magneten umschlägt, von magnetischer Anziehung zu unüberbrückbarer Abstoßung, zu dieser Wand, die sich zwischen ihnen aufbaut.

Was ich immer noch unglaublich gerne wissen möchte, ist, warum das hier angeblich ein Frauenroman sein soll? Weil nur Frauen so blöd sein können, sich in jemanden zu verlieben, der das ausnutzt, sie korrumpiert, benutzt, missbraucht, ausbeutet, und in jedwedem Sinne schlecht für sie ist? Been there, done that, and didn't even get the t-shirt. Nein, das passiert auch Männern, und es gibt Frauen, die sich das genussvoll zunutze machen, ohne deswegen auch nur den Hauch eines schlechten Gewissens zu haben (Begleitmelodie: Annett Louisan, Ich will doch nur spielen - ein Lied, dass mich zur Raserei treibt in ihrer Perfidie).

Weil "es so ist", dass sich Frauen unterwerfen und Männer dominieren? Heute ist das nur noch so, wenn sie das auch wirklich wollen (oder blöd sind, siehe oben, was wiederum nicht geschlechterspezifisch ist).

Weil es irgendwelche spezifisch weiblichen Fantasien, Wünsche, Bedürfnisse bedient? Gut, das Motiv des Traumprinzen ist kaum zu verkennen, was den Rest angeht, kann ich als Mann da schlecht sprechen.

Was natürlich drin ist, ist der Konflikt in jeder Form von Partnerschaft: Wie kommen wir zu einem Kompromiss, wie gestalten wir unser Leben, unser Zusammensein so, dass beide sich teils durchsetzen, teils zurückstecken. Der Absolutheitsanspruch der totalen Machtverlagerung auf eine Seite der Partnerschaft liefert liefert hier natürlich einen reizvollen Hintergrund, vor dem dieses Thema durchdekliniert wird. 



Werde ich Band II und III lesen? Ich habe die Kurzangaben zu den Büchern bei amazon gelesen... ich weiß nicht. Der erste Band war einfach nicht gut genug geschrieben, und ich habe ihn ja schon gleich auf Englisch gelesen, sodass es nicht an der Übersetzung liegen kann.

Auf jeden Fall werde ich das Ganze jetzt erstmal sacken lassen, und dann entscheiden.

Lesetagebuch: 50 Shades Of Grey


Kapitel 20:
Der erfolgreiche, starke, attraktive, potente Lover. Damit er nicht zu perfekt ist, hat er eine problematische Kindheit bzw. Jugend gehabt. Oder vollendet ihn gerade das, dass er sich eben „aus schwierigen Verhältnissen nach oben gearbeitet“ hat? Ana hat ja das Bedürfnis, ihn für die normale Liebe zu retten, für das, was sie als normale Liebe und normalen Sex empfindet. Für ihn ist es ja eher nicht normal, denn er ist ja inbezug auf sein Sexualleben ganz anders sozialisiert worden. Insofern finden beide ihre Art normal, wobei er sich bewusst ist, dass der Großteil seiner Umwelt das anders sehen. Aber so geht es doch nicht nur S/M-Freunden, sondern auch Schwulen, Lesben, Autoerotikern... Man könnte auch sagen, dass hier die Zuordnung des Empfindens ganz konventionell stattfindet: Frauen wollen Liebe, Männer wollen Sex. Bei Gott, wenn das so wäre, hätte ich weniger Sorgen! Frauen wie Männer wollen Liebe, und sie wollen auch Sex. Und sie wollen im Idealfall, dass beides zusammenfällt. Das ist auch das Schönste, keine Frage. Muss aber nicht immer (weder für sie noch für ihn).

Ist das hier eigentlich eine „klassische“ BDSM-Geschichte? Oder eine Mischung aus Paloma-Roman plus S/M-Komponente plus Pretty Woman, bei der Ana sich zwar eingangs nicht prostituiert – da ist sie ja noch die Unschuld vom Lande – aber doch Grey gegenüber immer wieder das Gefühl hat, gekauft zu werden, mit Laptops, Autos, Telefonen...

Eine weitere Beobachtung: Ana scheint ab ihrer ersten Begegnung mit Grey mehr oder weniger permanent erregt – jedenfalls steht sie ihm in jeder Lebenslage zur Verfügung, und etwaige Unbequemlichkeiten scheinen nie einem Mangel an Feuchtigkeit geschuldet. Das hätte ich jetzt als typisches Merkmal eines von einem Mann geschriebenen Erotikums gesehen: die stets verfügbare und willige Frau. Boshafter formuliert: Das Sexobjekt.

Versuche ich gerade aktiv, die Erzählung nicht zu mögen? So ähnlich wie Ana über den Pakt sinniert geht es mir mit dem ganzen Buch: Ich gebe zu, ich bin fasziniert, es ist in manchem eine neue Welt, die sich da zeigt – und gleichzeitig spüre ich einen gewissen Widerwillen weiterzulesen. Allerdings kann ich noch nicht ausmachen, woher dieser innere Widerstand kommt; es ist jedenfalls nicht die Erschlaffung nach angenehmer Erregung, die ja auch zu einem „genug erstmal“ führen kann. Ist es der Gedanke, dass die Erzählung wie eine Droge sich im Gehirn festsetzt und beginnt, mich selbst zu bestimmen? Immerhin ist es erst das zweite Mal, dass ich ein Lesetagebuch begonnen habe. Oder ist es …

Samstag, 5. Januar 2013

Lesetagebuch: 50 Shades Of Grey

5.1.13:
Kapitel 16. Die Spannung ist momentan raus. Im Moment wirkt es wie jeder andere erotische Roman, dem das Besondere abhanden kommt. Damit meine ich nicht die Fähigkeit zu erregen - in jedem Erotikum kommt es früher oder später dazu, dass er mit ihr Sex hat, oder sie mit ihr oder er mit ihm, je nach Geschmack. Den damit verbundenen Grad der Intensität und Intimität darzustellen ist nicht einfach, aber dennoch ist es für den Leser stets nachvollziehbar, er/sie hat es ja in der Regel selbst erlebt. Es gibt auch keine unendliche Anzahl von Positionen und Kombinationen, in denen der Liebesakt stattfinden kann: Dieser Teil ist essentiell jedesmal derselbe, ob er nun in einem "seriösen Roman" steht oder in den Shades Of Grey.
Das Besondere ist das, was im Schatten der Erzählung steht, das Spannungsfeld, die Nuancierung, das, was dieses koitierende Paar und ihre Situation von allen anderen unterscheidet. Im Moment will er sie und sie ihn - willkommen im Paloma-Roman.